Dienstag, Dezember 20, 2005

Gaspipeline

Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder soll bei der deutsch-russischen Gesellschaft für die Entwicklung und den Bau der umstrittenen Ostsee-Pipeline eine führende Position übernehmen. Das teilte Gasprom-Chef Alexej Miller bei den Feierlichkeiten zum Baustart der Gasleitung in Tscherepowez in der Nähe von St. Petersburg mit. Laut verschiedenen Berichten soll Schröder Aufsichtsratschef der North European Gas Pipeline (NEGP) werden. Dafür habe sich der russische Präsident Wladimir Putin eingesetzt, um damit dessen Verdienste für die deutsch-russische Partnerschaft zu würdigen. "Auf Wunsch der drei Partner bin ich gerne bereit, Verantwortung im Aufsichtsrat der Gesellschaft zu übernehmen", erklärte Schröder nach Angaben seines Berliner Büros. An dem Gemeinschaftsunternehmen NEGP ist die Gasprom mit 51 Prozent beteiligt, die deutschen Konzerne E.ON und Wintershall halten je 24,5 Prozent.
Baubeginn mit "erster Schweißnaht"

Zuvor hatte in Tscherepowez offiziell der Bau der Ostsee-Pipeline begonnen. Im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos wurde eine erste symbolische Schweißnaht für das Gemeinschaftsprojekt des russischen Gaskonzerns Gasprom und der deutschen Energieunternehmen E.ON und Wintershall gesetzt.


Wirtschaftsminister Glos (CSU) setzt seine Unterschrift auf ein Stück der Erdgaspipeline, die von Russland durch die Ostsee bis nach Greifswald verlegt werden wird. Sein russischer Amtskollege Fradkow sieht zu. (Foto: REUTERS) Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Wirtschaftsminister Glos (CSU) setzt seine Unterschrift auf ein Stück der Erdgaspipeline]
Glos bezeichnete den Bau der Pipeline als Meilenstein in der Zusammenarbeit beider Länder im Energiesektor. "Ich betrachte es als eine wichtige gemeinsame Aufgabe, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Unternehmen unserer beiden Länder diese Energiepartnerschaft ausbauen können", sagte der CSU-Politiker. Die neue Pipeline sei über die deutsch-russische Bedeutung hinaus auch wichtig für die Energieversorgung Europas, sagte Glos.

Von St. Petersburg nach Greifswald

Die 1200 Kilometer lange Gasleitung soll in fünf Jahren fertig sein und etwa vier Milliarden Euro kosten. Die Pipeline wird dann von Wyborg bei St. Petersburg über den Grund der Ostsee bis nach Greifswald verlaufen. Zunächst wird ein Leitungsstrang mit einer Kapazität von jährlich 27,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas in Betrieb genommen. Später soll eine zweite, gleichgroße Leitung hinzukommen. Die Pipeline wird damit mehr als die Hälfte des gesamten deutschen Gasverbrauchs decken können.
Karte Erdgaspipeline

Kritik von Nachbarstaaten

Russland und Deutschland nennen vor allem wirtschaftliche Überlegungen für den Bau der Erdgastrasse durch die Ostsee. Russlands Präsident Putin betonte bei der Vertragsunterzeichnung im September, dass er keine anderen Staaten "herausdrängen" wolle. Polen, die baltischen Staaten, Weißrussland und die Ukraine fühlen sich trotzdem übergangen. Sie hatten gefordert, dass die Pipeline nicht durch die Ostsee, sondern durch ihr Gebiet verlaufen sollte. Dadurch hätten die Staaten Transitgebühren einfordern können.

Außerdem sehen die Nachbarn die neue Gasleitung als Konkurrenz für schon bestehende Pipelines. Die polnische Regierung nennt den Bau der Pipeline ein "politisches Problem" und kritisiert, dass "sich das Projekt von einer gemeinsamen europäischen Politik" entferne.

Das Abkommen für den Bau der Pipeline war im Septmeber bei einem Treffen des damaligen Bundeskanzlers Schröder und des russischen Präsidenten Putin unterzeichnet worden.